Solidaritätsbekundung des Kollegiums der Emil Krause Schule (ehemals Stadtteilschule Barmbek) zu den Stellungnahmen und Offenen Briefen Hamburger Schulen zum Online-Portal „Neutrale Schule Hamburg“ der AfD

(unterzeichnet von 60 von 110 Kolleg_innen)

Im September 2018 hat die AfD Fraktion der Hamburgischen Bürgerschaft ein Online-Portal unterdem Titel „Neutrale Schule Hamburg“ freigeschaltet. Dort können Nutzerinnen und Nutzer anonym der AfD-Fraktion melden, wenn sich Lehrkräfte oder andere Beschäftigte an Schulen ihrer Meinung nach nicht politisch neutral verhalten.

Einige Hamburger Schulen haben reagiert und z.B. Offene Briefe oder Stellungnahmen verfasst und veröffentlicht. Als Reaktion auf diese Stellungnahmen der Schulen wollte die AfD im Rahmen einer Schriftlichen Kleinen Anfrage wissen, ob diese Briefe rechtlich zulässig seien und erfragte in 34 weiteren Fragen Details zu Urheberschaft und Entstehungs- und Verbreitungsprozess. In ihrer Antwort (DS 21/15077) stellt die Schulbehörde klar, dass sich diese Äußerungen im Rahmen dessen bewegen, was den Lehrkräften an Meinungsfreiheit zustehe.

Wir betrachten die gesamte Vorgehensweise der AfD als offenen Aufruf zur Denunziation von Kolleg_innen und den Versuch, Einfluss auf engagierte Lehrkräfte und die politische Bildung an Schule zu nehmen.

Die AfD argumentiert mit dem Neutralitätsgebot, das sich aus dem für Lehrer_innen geltendensogenannten „Beutelsbacher Konsens“ ableitet. Diesem liegen drei Leitprinzipien zu Grunde: Überwältigungsverbot (keine Indoktrination), Beachtung kontroverser Positionen in Wissenschaft und Politik im Unterricht, Befähigung der Schüler, in politischen Situationen ihre eigenen Interessen zu analysieren. Lehrkräfte dürfen Schülerinnen und Schüler also ihre eigene (politische) Meinung nicht aufdrücken, sie nicht indoktrinieren. Das bedeutet aber nicht, dass sie sich nicht politisch äußern dürfen. Im Gegenteil, Lehrerinnen und Lehrer sind durch das Grundgesetz und die Landesschulgesetze dazu verpflichtet, für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzutreten. Sie sollen Kinder im Geiste der Menschenwürde, Demokratie, Toleranz und Gleichberechtigung erziehen.

„Menschenverachtende Positionierungen klar als solche zu benennen und zurückzuweisen. Das istdann keine Überwältigung, sondern Einsatz für die Demokratie.“ So schreibt Ansgar Drücker,Geschäftsführer des Informations- und Dokumentationszentrums für Antirassismusarbeit in seiner Abhandlung über den Beutelsbacher Konsens.

Angesichts der geschilderten Entwicklungen scheint es uns unumgänglich, dass wir Lehrerinnen und Lehrer der Emil Krause Schule (ehemals Stadtteilschule Barmbek) uns hierzu positionieren, um anderen Menschen unsere Solidarität zu zeigen und gemeinsam für eine freiheitliche, offene Gesellschaft einzustehen.

Wir tun dies auch in Andenken und Verantwortung an unseren Namensgeber Emil Krause. Dieser war ein Vertreter einer Schulstrukturpolitik, die den Zugang für Kinder aller Volksschichten zur höheren Schule ermöglichen sollte. So gründete Hamburg 1920 als erstes Bundesland Aufbauschulen, die den Schüler_innen ermöglichten, im Anschluss an die 7. Klasse der Volksschule den Weg zum Abitur zu beschreiten. Krauses 14-jährige Amtszeit war durch eine Zeit der Reformpädagogik geprägt. Während seiner Amtszeit entstanden in Hamburg 45 neue Schulen, darunter auch der Standort des später nach ihm benannten Emil-Krause-Gymnasiums.

Angesichts des beginnenden Naziterrors schied Krause am 3. März 1933 aus seinem Amt als Schulsenator aus.